Es gibt keine toten Igel in Lintorf

Das ist die Quintessenz der Stellungnahme der Stadtverwaltung anlässlich der Sitzung des Bezirksausschuss Ratingen-Lintorf/Breitscheid zum BILD-Bericht über das Igel-Massaker. Das Dementi erinnert mich irgendwie an Mohammed Al-Sahaf, den letzten Pressesprecher von Saddam Hussein: „Es gibt keine Ungläubigen in Bagdad.“   Der Spruch wurde Kult. Denn zu dem Zeitpunkt standen die US-Panzer schon kurz vor dem Präsidentenpalast.  Die toten Igel von Ratingen: Hunde hatten sie erschnüffelt; Anwohner beschrieben ihre zerfetzten Kadaver.  Aber es gibt sie nicht. Es kann nicht sein was nicht sein darf.

Bildzeitung vom 25. Februar 2023

Was ist dem Massaker, sei es nun eingebildet oder schaurige Wirklichkeit? Fakt ist: Die Stadt hat rund um die Fritz-Windisch-Straße in Lintorf  den großen Kahlschlag verübt. Wo früher Sträucher, Brombeeren und Gebüsch den Tieren als Unterschlupf zum Winterschlaf dienten und den Anwohnern als willkommener Sichtschutz für ihre Gärten ist nun eine leere Ödnis. Zwar wird das dann auch wieder irgendwann zuwachsen, aber der verblüffte Passant fragt sich. Wozu das ganze? Mussten hier noch schnell ein paar Galabauer Umsatz machen? Denn es waren keine städtischen Bedienstete, die da mit Motorsäge und schwerem Gerät zum „Plattmachen“ angerückt sind.

Die entrüsteten Anwohner werden sich zunächst an die Lokalpostillen wie „Wochenblatt“ oder „Rheinische Post“ gewandt haben. Aber die wollten wohl nicht anbeißen. Man verdirbt es sich nur ungern mit den Stadthäuptern. Stattdessen ein ellenlanger Bericht in der RP darüber, wie Landschaftspflege in Ratingen praktiziert wird. Das sollte wohl aufgebrachte Gemüter beruhigen. Fehlanzeige: Da hatten die frustrierten Lintorfer schon mit der BILD-Zeitung gesprochen. Und die nahmen den Happen getreu dem Leitspruch: „Wir machen aus Fakten Emotionen“. So geht guter Journalismus. Viele andere verfahren dagegen nach dem Motto: „Wir machen aus Emotionen Fakten“.  So entsteht Lügenpresse.

Bericht in der Rheinischen Post

Die Ratskollegen im zuständigen Bezirksausschuss Lintorf rümpften indigniert die Nase, als ich Ihnen aus dem BILD-Bericht zitierte. Nein, BILD-Zeitung sei nicht ihr Niveau, so etwas lesen sie nicht. Igittigitt! Schade drum, denn Lesen bildet.

Letztens habe ich den Ort des Schreckens besucht. Von Kadavern war tatsächlich nichts mehr zu sehen. Vermutlich hatten da schon Krähen, Füchse und streunende Katzen sauber aufgeräumt.

In Lintorf: Sauberer Kahlschlag

Bernd Ulrich

Veröffentlicht in Aktuelles.